Wasserstoff-Import: Welche Länder und Transport-Optionen in Frage kommen

Die deutsche Bundesregierung hält sich bei ihrer Wasserstoffstrategie bedeckt. Doch Marktakteure haben schon Ideen bei den Importländern.

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(Bild: petrmalinak/Shutterstock.com)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Bernward Janzing
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Deutschland setzt auf "grünen" Wasserstoff – und zwar so sehr, dass dieser im Inland nie in ausreichender Menge erzeugt werden kann. Man wird das Gas folglich zu großen Teilen importieren müssen.

Doch welche Länder kommen vor allem als Lieferanten in Frage? Die Bedingungen sind schließlich in den Weltregionen sehr unterschiedlich – abhängig von den physischen Potenzialen, der vorhandenen Infrastruktur, den Kosten (auch für den Transport), sowie der politischen Stabilität des betreffenden Landes.

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) bleibt auf Anfrage dazu wortkarg und lässt sich nur auf eine allgemeine Aussage ein: "Die Bundesregierung und das BMWK gehen hier sehr aktiv auf Partnerländer in Europa und international zu, um Importe von grünem Wasserstoff voranzubringen." Konkreter wird das Ministerium nicht. Ein paar grundsätzliche Zahlen in Bezug auf die EU sind alles, was es gibt: Im Jahr 2030 wolle die EU zehn Millionen Tonnen Wasserstoff jährlich importieren. Darüber hinaus soll es eine Eigenerzeugung in gleicher Höhe geben.

Eng mit dem BMWK verbunden ist die H2Global-Stiftung. Entsprechend zurückhaltend antwortet man auch dort. Es lägen zur Frage der Herkunftsländer, der Transportwege und der Kosten "gegenwärtig noch keine Analyse- und Forschungsergebnisse" vor, heißt es. Man werde beizeiten darüber informieren.

Mehr ist unterdessen von Marktakteuren zu erfahren – etwa beim Branchenverband Zukunft Gas. Insbesondere das europäische Ausland komme für Wasserstoffimporte infrage; zusätzlich sei "auch die Mena-Region genauer ins Auge zu fassen", sagt ein Verbandssprecher und bezieht sich damit auf Nahost und Nordafrika.

Der Transport via Pipeline empfehle sich vor allem für Importe aus Europa, sowie gegebenenfalls aus der Mena-Region, meint der Verband. Für weiter entfernte Lieferländer sei der Transport per Schiff mithilfe von Derivaten wie Ammoniak besser geeignet. Zu möglichen Preisen des Energieträgers will sich Zukunft Gas aber auch nicht äußern. Die Preisbildung sei "stets von sehr vielen Einflussfaktoren abhängig, sodass Prognosen für mehr als drei Jahre im Voraus bereits erheblichen Unsicherheiten unterliegen".

Unterdessen bringt der Deutsche Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband (DWV) noch andere Aspekte ins Spiel. Zum einen die Zeit: Wenn es schnell gehen soll, seien die europäischen Länder aufgrund der bestehenden Infrastruktur prädestiniert: "Wir sollten im ersten Schritt die vorhandenen Pipelines nutzen". Zwar hält der DWV auch Westafrika geeignet für den Wasserstoffimport per Pipeline, doch das werde 15 bis 20 Jahre dauern – sei also nichts für kurzfristige Klimaziele. Ein weiterer Aspekt, der für die Pipeline gegenüber dem Schiffstransport von Ammoniak spreche, sei die Wertschöpfung; diese müsse in Europa liegen. Deshalb lehnt der Verband die Ammoniak-Erzeugung in Afrika ab.

Bei den europäischen Wasserstofflieferanten ist der Status quo unterschiedlich. Südosteuropa brauche noch Unterstützung zum Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur, speziell Griechenland, Rumänien und Bulgarien. Spanien sei ebenso ein attraktives Land, doch Spanien sei aus eigener Kraft schon recht aktiv, brauche mithin keine Hilfe aus Deutschland.

Gleichwohl gibt es auch in Afrika Projekte. Der Verband Hydrogen Europe in Brüssel verweist darauf, dass die EU mit Namibia und Ägypten bereits eine Absichtserklärung unterzeichnet habe, ebenso mit Kasachstan.

Hydrogen Europe ist ein Verband, der stark durch deutsche Technologieunternehmen geprägt ist. Diese suchen händeringend nach grünem Wasserstoff – gerade auch in Afrika. Verbandschef Jorgo Chatzimarkakis nennt Namibia sogar "das Traumland, eines der demokratischsten Länder Afrikas". Die nächsten Länder, die infrage kämen, seien Marokko und Südafrika. Algerien sei auch eine Option, das Land komme aber zu langsam voran. Mali sei grundsätzlich attraktiv, weil es dort "weißen Wasserstoff" gibt, also solchen, der natürlich als Wasserstoffmolekül vorkommt und somit nicht erst mit erneuerbaren Energien erzeugt werden muss. Aber Mali sei politisch zu unsicher.

Wasserstoff per Pipeline zu transportieren, sei die günstigste Variante, sagt Chatzimarkakis. Aber auch alternative Möglichkeiten des Transports kämen infrage, etwa Tankschiffe. Weitere Optionen ergäben sich, weil der Wasserstoff nicht zwingend als reines Gas transportiert werden müsse. Neben Ammoniak und synthetischem Methan kann man auch einen Liquid Organic Hydrogen Carrier (LOHC) einsetzen. Das ist eine ölartige organische Substanz, die Wasserstoff chemisch bindet. Damit ließen sich bestehende Erdölpipelines ohne jeglichen Umbau zum Wasserstofftransport nutzen.

Bleibt die Frage, was der Wasserstoff künftig kosten wird. Preise über vier Euro pro Kilogramm seien für Anwender kritisch, schätzt der DWV. Heute kostet das Kilogramm Wasserstoff in Deutschland noch rund zehn Euro. Da für die Produktion eines Kilogramms Wasserstoff in der Elektrolyse rund 50 Kilowattstunden Strom benötigt werden, ist der Strompreis ein entscheidender Faktor.

Chatzimarkakis glaubt, dass mit günstigem Strom im Ausland auch günstiger Wasserstoff für Deutschland erzeugt werden kann. Im Jahr 2030 werde der Wasserstoff aus Afrika hierzulande bereits für 1,50 bis zwei Euro pro Kilogramm zu haben sein, schätzt Chatzimarkakis. Weil die Preise anschließend weiter sänken, nähmen ab 2030 die produzierten Mengen exponentiell zu.

Ob das BMWK ähnlich optimistisch ist, bleibt offen – denn auch bei den Preiserwartungen drückt es sich um Antworten. Man erfährt lediglich, dass deutsche Unternehmen künftig "über ein Auktionssystem Wasserstoff und Wasserstoffderivate kaufen können". Aus welchen Ländern das begehrte Gas dann kommen wird, wird vor allem davon abhängen, wie schnell die betreffenden Staaten mit dem Ausbau der Erneuerbaren und dem Aufbau von Elektrolyse-Kapazitäten vorankommen.

(jle)